Jun
23
2016

Teil 4: 1960 bis 1965 – Die Filmjahre

Elvis-Presley_Cowboy

27 Filme drehte Elvis Presley zwischen 1960 und Anfang 1969. Zu den meist leichten Musikkomödien erschien fast immer auch ein Soundtrackalbum. Der Schwerpunkt seiner Arbeit in diesen sogenannten Hollywoodjahren lag auf Filmproduktionen und Studioarbeit. Sein Auftritt in Frank Sinatras „Timex TV Show“ Ende März 1960 blieb sein letzter Fernsehauftritt bis 1968. 

Text: Helmut Radermacher

Im Februar 1960, kurz bevor Elvis von Deutschland in die USA zurückkam, erschien Folge 2 der Golden Records. Auch hier war die Platte Vorreiter für spätere mutige Kunst auf einer Hülle, lange bevor Andy Warhol und Co. das Cover als Projekt für künstlerische Gestaltung entdeckten = 50.000.000 Elvis Fans Can’t Be Wrong. Sogar der Titel war provozierend ausgelegt, aber einfach zu schön.

In den Staaten warteten schon unzählige Termine auf Elvis. Als erstes musste er natürlich ins Studio, die Fans verlangten nach mehr und besonders natürlich nach neuen Titeln. Elvis begab sich wieder nach Nashville, wo er jetzt in Stereo aufnahm, mit dabei genug Material für eine heiß erwartete neue Single, lediglich die Hülle stand schon fest. Zu lesen war dort nur „Elvis 1st NEW RECORDING FOR HIS 50.000.000 FANS ALL OVER THE WORLD“. Ohne zu wissen, was kommt, wurde dann in diese Art Blanko-Hülle die Single „Stuck On You/Fame And Fortune“ gepackt; beide Lieder hatte Elvis gerade erst in der Frank Sinatra-Show live gesungen. Platz 1 war schon fast logisch.

Elvis Presley Frank Sinatra Credits BobKlein

Mit Frank Sinatra

Vom Rockrebell zum Poptitan

1960 entstanden noch ein paar Titel, die für viele Fans mit zu seinen besten gehören, so die italienischen Lieder „O Sole Mio“ als „It’s Now Or Never“ (5 Wochen Rang 1), „Come Back To Sorrento“ oder auch „Torna A Surriento“ als „Surrender“ (Platz 1 für zwei Wochen) und den Evergreen „Are You Lonesome Tonight“ (sechs Wochen auf der 1). Eins stand fest, der Rebell, als der er verkauft wurde, der er aber nie wirklich war, wurde zum Pop-Sänger schlechthin. Und er konnte die Lieder, oft Balladen, auch perfekt vortragen. Dazu war seine Stimme gereift, sein Aussehen hatte nichts mehr mit Rock’n’Roll zu tun. Eine Single, die seltsamerweise in USA fehlte, war nur in Europa erschienen – „Wooden Heart“. Und natürlich musste die Soldatenzeit filmisch aufgearbeitet werden, immerhin hatten weltweit tausende Zeitschriften über den Mann geschrieben, der vom Millionär zum Empfänger von rund 100 Dollar Sold pro Monat geworden war.

Im Nachhinein wurden die 60er Jahre für Elvis reine Filmjahre. Das war gut und auch schlecht. In den 50er Jahren bekamen wir vier Filme, jeder wurde besser als der davor. Wie sollte es weitergehen? Wurde der Elvis-Traum vom wirklich guten Schauspieler, der er immer sein wollte, wahr?
Der bekannte Filmproduzent Hal Wallis hatte für den für 1960 geplanten Film „G.I. Blues“ Elvis in Deutschland besucht, jedoch bekam er nicht die Genehmigung, mit Elvis zu drehen. Dennoch fanden etliche Aufnahmen hier statt. Der Film wurde DER große Erfolg, die LP zum Film blieb so lange auf Platz 1 stehen, wie schon die erste LP, nämlich ganze 10 Wochen.

Zwischen Film und Musik

Doch bevor der Film in die Kinos kam, bevor es also abzusehen war, wie er beim Publikum ankommen könnte, drehte Elvis noch zwei SEINER Filme, beide recht anspruchsvoll, beide mit wenig Musik – „Flaming Star“ und „Wild In The Country“. Die aber kamen nicht so recht an, die Fans wollten Elvis als Sänger hören und sehen. Zumindest gab er in diesem Jahr kein einziges Konzert.

Elvis Presley Flaming Star

Flaming Star

Abgesehen vom Soundtrack zu „G.I. Blues“ erschien in dem Jahr nur eine LP, das sogenannte Comeback-Album mit dem Titel „Elvis Is Back“. Viele halten es für die beste LP seiner Laufbahn. Es blieb zwar auf Rang 2 hängen, das auch für drei Wochen, aber es gab dort keinen Hit aus dem Jahr.

1961 absolvierte Elvis nur drei Konzerte – zwei am 25. Februar in Memphis (Elvis spendete alle Einnahmen) und genau einen Monat später dann das bekannte Benefiz-Konzert für die Errichtung eines Mahnmals in Pearl Harbor, Hawaii. Danach galt die Devise von Manager Parker – keine Konzerte und kein Fernsehen mehr – mit Filmen erreicht man mehr Zuschauer. So wurde 1961 erneut ein großes Film-Jahr, es erschienen drei Hollywood-Streifen, am erfolgreichsten natürlich „Blue Hawaii mit den Hits „Can’t Help Falling In Love/Rock-A-Hula Baby“, insgesamt sogar 14 Liedern. Gerade weil der Film so erfolgreich war, nahm mal ihn Regel. So ähnlich sollten ab sofort alle Filme entstehen, viel Strand, viele hübsche Mädchen, herrliche Schlägereien und natürlich viel Musik, jeder Song geschrieben für jede spezielle Szene. So folgten in dem Jahr noch „Follow That Dream“ und „Kid Galahad“.

Auch die Nicht-Film-Single „Feel So Bad“ (Platz 5), ein Klassiker von Chuck Willis aus dem Jahr 1954, konnte punkten. Und noch besser lief es mit der perfekten Single mit zwei Songs „His Latest Flame“ (Rang 4) und „Little Sister“ (Platz 5). Die LP „His Hand In Mine“, auf eigenen Wunsch eine erste komplette Gospel-LP, erreicht sogar den Rang 13. Die folgende LP „Something For Everybody“ aber erlangte wieder die Nummer 1, sogar für drei Wochen.

Das Jahr 1962 war noch voller großer Erfolge, aber – es gab mit „Good Luck Charm“ schon die letzte Nummer 1-Single bis 1969. „She’s Not You“ landete auf Platz 5, „Return To Sender“ (aus dem Film „Girls! Girls! Girls!“) kam bis Rang 2.
Elvis feierte seinen 27. Geburtstag im Sahara Hotel in Las Vegas. Ende Januar übernachtete Elvis im Hotel Del Webb Sahara Tahoe in Nevada. In den 70er Jahren sollte er dort Traumergebnisse mit fast 100 Konzerten einfahren.

Elvis At The MoviesBei den Langspielplatten war alles beim Alten, „Pot Luck“, eine seiner schönsten und abwechslungsreichsten LPs, landete auf der Position 7; sie wurde, abgesehen von den „Best Ofs“ die erfolgreichste LP in deutschen Landen. „Kiss Me Quick“ daraus wurde der große Liebling der Deutschen, Platz 3 in unserer Hitparade. Neben dem Film „Girls!“ gab es noch „It Happened At The Girls Fair“. Priscilla besuchte Elvis für zwei Wochen in Los Angeles und Las Vegas, sie flog von Deutschland aus, wo ihr Vater noch immer stationiert war. Im Dezember kam sie erneut, flog unter dem Namen Priscilla Fisher. Diesmal sah sie Graceland zum ersten Mal.

1963 gab es eine Überraschung für Elvis – die Single „One Broken Heart For Sale“ aus dem Film „It Happened At The World’s Fair“ erreichte erstmalig nicht die Top Ten. Viel besser dagegen zündete „Devil In Disguise“, eine Studio-Produktion aus Nashville. Elvis‘ „Golden Records, Vol. 3“ erreichte Platz 3, die LP wird wie die Vorgänger ein Dauerbrenner. Priscilla kam erneut, diesmal mit ihrem Vater. Dem hatte Elvis versprochen, dass Priscilla bei seinem Vater und dessen neuer Frau wohnen würde, also nicht in Graceland. Kurz danach schenkte Elvis ihr eine rote Corvair, damit Vernon sie nicht täglich zur Schule fahren muss. Ende des Jahres gab die Plattenfirma RCA bekannt, dass sie den Vertrag mit Elvis bis Ende 1971 verlängert hatte. Neben „It Happened…“ gab es noch den großartigen Film „Fun In Acapulco. In Deutschland, und nur hier, gab es daraus den Hit „Mexico“.

Elvis behauptet sich gegen Beatles

Plötzlich kam Konkurrenz, ausgerechnet aus England: Die Beatles eroberten die Welt. Von Elvis gab es 1964 dennoch viel Musik in den Charts. Sechs Singles gelangten in die Hitparade, doch nur „Ask Me“ und „Kissin‘ Cousins“ erreichten mit je Rang 12 einigermaßen gute Plätze – gerechnet am Standard, den das Elvis-Management gewohnt war. Abgesehen von der Armeezeit war es das erste Jahr, in dem keine Studio-LP erschien.
Elvis machte im Januar Urlaub in Las Vegas, wo er auch ein Konzert von Fats Domino besuchte. Elvis bekam hohen Besuch. Lynda Bird, die Tochter des Präsidenten der USA, Lyndon B. Johnson, traf Elvis zusammen mit ihrem damaligen Freund George Hamilton. Dieser hat gerade einen Film abgedreht, für den Elvis auch im Gespräch gewesen war – „Your Cheatin‘ Heart, die Lebensgeschichte des legendären Hank Williams, der sicher wichtigste Erneuerer von Musik in der Zeit vor Elvis. Hank verstarb am 1. Januar 1953 auf dem Rücksitz seines Cadillacs im Alter von 29 Jahren.

Zu Weihnachten brachte RCA eine besondere Single heraus, „Blue Christmas“, von Elvis im September 1957 aufgenommen, gekoppelt mit „Wooden Heart“ aus dem Film „G.I. Blues“. Die Single erreichte in den Christmas-Charts Platz 1; sie wurde jedes Jahr wiederveröffentlicht, kam auch jährlich in die Top Ten, 1973 sogar wieder auf Nummer 1.

Version von „Blue Christmas“ aus dem Jahr 2008 mit Martina McBride:

Auch dieses Jahr spendete Elvis, wie alljährlich, wieder rund 50.000 Dollar an verschiedene Hilfsorganisationen in Memphis. 1964 verdiente Elvis mit seinen Filmen doppelt so viel wie mit seiner Musik. Sein Vater, der die Buchführung erledigte, ohne es gelernt zu haben, kam nie auf die Idee, Geld anzulegen oder zu versuchen, Steuern zu sparen, daher zahlte Elvis in dem Jahr mehr Steuern als an Einnahmen von Schallplatten hereinkam. In dem Jahr erschienen die Filme „Kissin‘ Cousins“ und „Roustabout“. Letzerer kam sogar auf die Position 1, seine letzte 1 bis zur „Aloha Live“-LP aus dem Jahr 1973

1965 wurde Elvis 30, worüber die Zeitungen auch ausführlich berichteten, und es gab eine große musikalische Überraschung. Fünf Jahre vorher hatte Elvis ein Lied aufgenommen, das aus Gründen ungeklärter Rechte noch in den Archiven lag. Jetzt, mit der Idee, eine Oster-Single zu präsentieren, gelang wieder der Sprung in die so wichtigen Top Ten. Platz 3 in USA und sogar die Position 1 in England gab es für die pseudo-religiöse Single „Crying In The Chapel“.
Und noch ein älterer Song, „Easy Question“, bereits 1962 aufgenommen, kam dank des Films „Tickle Me“ bis Platz 11. Das Gleiche galt auch für „I’m Yours“. Höher kam Elvis erst wieder 1969. Dennoch, Elvis schien ausgelaugt. Die Lust am Filmen war nicht mehr sehr groß, die Songs, die er aufzunehmen hatte, gefielen ihm nicht mehr so recht.

Die Beatles besuchen Elvis

Am 27. August 1965 kommt Besuch aus Großbritannien in Elvis‘ Haus auf dem Perugia Way in Los Angeles – die Beatles. Es gibt kaum Fotos vom Treffen, Parker und Epstein hatten sich abgesprochen, weder Bilder noch Tonaufnahmen zuzulassen. Als die Beatles nachts nach dem Treffen das Haus verließen, machten Fans ein paar heimliche Schnappschüsse. Besonders John Lennon war begeistert, er ließ am Tag danach Elvis über Jerry Schilling ausrichten, wäre Elvis nicht gewesen, gäbe es die Beatles nicht.

1965 erschien eine LP mit alten, bisher nicht veröffentlichten Studioaufnahmen – „Elvis For Everyone“, sie erreichte sogar Platz 10; so eine gute Position für nicht Film-LPs gab es erst wieder 1969.

Zwei Filme mit Soundtracks waren in diesem Jahr erfolgreich – „Girl Happy“ und „Harum Scarum“. Beide erreichten in den LP-Charts Rang 8.

Dank der guten Arbeit seines Managers war Elvis jetzt der höchstbezahlte Hollywood-Star, bekam pro Film ein Million Dollar Gage plus bis zu 50 Prozent der Einspielergebnisse. Die Fans blieben ihm also treu.